Eine Arbeit im öffentlichen Raum

 STILL STEHEN ist eine notwendige Handlung.

 Sie wird spätestens dann notwendig, wenn eine Person oder eine ganze Gesellschaft an einem Punkt angelangt ist, an dem klar wird, dass es so nicht weitergehen kann, dass eben die einzelne Person oder die Gesellschaft nicht weitermachen kann mit damit, wie sie sich bisher verhalten hat, weil sie sich und anderen sonst (weiterhin) Schaden zufügt.

STILL STEHEN ist im Gegensatz zum Stillstand eine bewusste Handlung: nicht etwas, das mir geschieht, sondern etwas, wofür ich mich entscheide, und dadurch, dass ich es in den öffentlichen Raum trage, wird es zu einer Haltung im und gegenüber diesem Raum.

STILL STEHEN als Performance ist zunächst als „Bildstörung“ gedacht. (ein Begriff von Christoph Schlingensief.)

Wenn eine Person im öffentlichen Raum an einem Ort mit geschlossenen Augen während einer Stunde still steht, dann trifft das auf Verwunderung, Irritation, vielleicht Neugier, vielleicht sogar Sorge. Zugleich regt es zur Wahrnehmung der eigenen Geschwindigkeit und zur Entschleunigung an.

Ich bin hier als Performerin mit inneren Prozessen beschäftigt, im Dialog mit der Wahrnehmung des Raums in mir und um mich herum. Dabei brauche ich eine hohe Aufmerksamkeit auf das, was ist, ohne dass ich mich, wie wir Menschen das meistens tun, visuell meinerWahrnehmung versichern kann. Je länger ich stehe, desto mehr komme ich zur Ruhe.

Die Idee zu dieser Performance entstand aus dem Bedürfnis nach Ruhe heraus. Ich saß in meinem Büro, hatte 37 Dinge gleichzeitig im Kopf und war ärgerlich auf den Lärm, das Wetter und mich selbst. Ohne nachzudenken ging ich vor die Tür, stellte mich barfuss mittig in unseren Hof, schloß die Augen und ließ alle Gedanken los. Ich atmete und spürte, wie alles um mich herum in Bewegung war und ich dabei selbst – wer auch immer „ich“ ist – von Minute zu Minute ruhiger wurde. Autos rasten am Grundstück vorbei, Vögel sangen, ich hörte dazwischen meinen Atem und irgendwann schien es kaum noch einen Unterschied zu geben zwischen „mir“ und „da draußen“. Gleichzeitig schärften sich alle Sinne, ich fühlte, roch, schmeckte… Kurz darauf beschloss ich, STILL STEHEN zu performen, zunächst an unterschiedlichen Orten in Wuppertal, danach an verschiedenen Orten überall. (2020)

In Zeiten von Krieg und Terror und Klimakatastrophe ist STILL STEHEN nötiger denn je.

Ich möchte Menschen dazu einladen sich mir anzuschließen.

Mein Bild ist das zahlreicher Personen, die mitten im Stadtgefüge durch das ruhige Stehen einen Ort des Friedens und Innehaltens schaffen und zum gegenseitigen Austausch einladen.

STILL STEHEN bedeutet nicht Still-Stand, es schafft die Voraussetzung für notwendiges Handeln.

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